Spitzwegerich
Spitzwegerich (Plantago lanceolata) findet man so gut wie überall: an Wegrändern, in Wiesen oder als „Unkraut“ im Rasen. Die genügsame Pflanze hätte sich mehr Aufmerksamkeit verdient, denn Spitzwegerich ist eines der besten Heilmittel bei Atemwegserkrankungen von Pferden und Hunden.
Wo kommt der Spitzwegerich vor, und wie sieht er aus?
Der Spitzwegerich ist in ganz Europa sowie in Nord- und Mittelasien verbreitet. Er ist winterhart, stellt wenig Ansprüche an seine Umgebung, besiedelt Brachflächen, Äcker, Wegränder, Wiesen und wächst auch im Gebirge bis in eine Höhe von ca. 2000 Metern. Da er mit seinem kräftigen Wurzelstock bis zu 60 cm tief wurzelt, sich leicht vermehrt und sich schnell ausbreitet, ist er im Garten und im Rasen weniger gern gesehen.
Spitzwegerich gehört zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) und ist eng mit dem Breitwegerich verwandt, der ähnliche Wirkstoffe enthält. Auch der Ehrenpreis und das Echte Leinkraut gehören derselben Gattung an.
Der Spitzwegerich wird bis zu 40 cm hoch. Seine schmalen, lanzettenförmigen Blätter, die starke Längsnerven zeigen, wachsen in Form einer bodennahen Rosette. Aus deren Mitte bilden sich kahle Stängel, die zunächst kleine kugelige Blüten tragen. Die weiß-gelblichen Staubgefäße stehen auffällig vom unscheinbaren Blütenboden ab. Damit wird einerseits die Bestäubung durch den Wind erleichtert, andererseits werden Insekten angelockt. Die Blütezeit dauert von Mai bis September, und im Lauf der Samenreife wird die Ähre zunehmend walzenförmig. Die Samen sind leicht klebrig. Über Tierpfoten oder Schuhe, an denen sie hängen bleiben, wird die Pflanze großflächig weiterverbreitet, die Vermehrung am Standort erfolgt jedoch über Wurzelsprossen.
Welche Teile des Spitzwegerichs werden in der Phytotherapie verwendet?
Als pflanzliches Heilmittel werden Laubblätter (Folium plantaginis) wie auch das ganze Kraut des Spitzwegerichs – Blätter, Stiele, Blüten – eingesetzt. Das Kraut wird zur Blütezeit gesammelt und entweder zu Presssaft oder zu Sirup verarbeitet oder getrocknet und als Tee zubereitet. Der Tee muss mindestens 10 Minuten ziehen, damit die Wirkstoffe freigesetzt werden. Manche Inhaltsstoffe sind allerdings hitzeempfindlich, daher wird oft auch ein Kaltauszug zubereitet.
Für die äußerliche Anwendung haben sich Spitzwegerich-Extrakte als „grünes Pflaster“ bei oberflächlichen Wunden bewährt.
Wie wird Spitzwegerich ver- und angewendet?
Die jungen Blätter des Spitzwegerichs sind essbar und schmecken ein wenig nach Pilzen. Obwohl man sie vielfältig verarbeiten könnte, finden sie in der Küche wenig Verwendung.
Spitzwegerich als Heilkraut
Als Heilkraut ist der Spitzwegerich schon seit Urzeiten bekannt. Bei den Ärzten der Antike genoss er hohes Ansehen, sei es als Umschlag gegen Geschwüre, bei Wunden und Hundebissen oder auch als Arznei gegen Magen-Darm-Beschwerden, Ohrenschmerzen, Wechselfieber, Kropf und Skorpionstiche. Auch in unseren Breiten dürfte die Pflanze viel verwendet worden sein, alte Namen wie „Wundkraut“ oder „Heilwegerich“ deuten auf lange Erfahrung mit ihrer wundheilenden Wirkung hin.
Seit dem 11. Jahrhundert wurde der Spitzwegerich bei Husten und Fieber angewendet, später schrieb man ihm nachhaltige Wirkung auf die Lunge, die Harnwege, den Magen und die Gedärme zu.
In anderen Kulturkreisen war der Spitzwegerich ebenfalls sehr angesehen. Vor allem in der russischen und in der chinesisch-mongolischen Medizin wurde seine Heilwirkung vielfältig genutzt. In der traditionellen chinesischen Medizin wird er als Mittel mit „kühler Energie“ beschrieben und mit Lunge, Dickdarm, Niere, Blase und Leber in Verbindung gebracht.
Heute wird der Spitzwegerich innerlich bei Atemwegserkrankungen, Halsschmerzen und Hustenreiz empfohlen. Für die äußerliche Anwendung werden Spitzwegerich-Extrakte aufgrund ihrer wundheilungsfördernden und antibakteriellen Wirkung in Wund- und Heilsalben verwendet.
Welche Inhaltsstoffe machen den Spitzwegerich wirksam?
Spitzwegerich enthält 2–3 % Iridoide (bitter schmeckende sekundäre Pflanzenstoffe), darunter den Wirkstoff Aucubin, der antibiotische Eigenschaften hat: Spitzwegerichsaft bildet keinen Schimmel. Die Substanz wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Zudem wurde nachgewiesen, dass der Stoff leberschützende Wirkung hat. Aucubin ist bis zu 180°C hitzestabil und gut wasserlöslich. Allerdings muss Spitzwegerich sorgfältig getrocknet werden und wässrige Auszüge sollten nicht zu lange offen stehen. Bei zu langsamen trocknen oder falscher Lagerung wird Aucubin durch Hydratation in Aucubingenin umgewandelt, was durch eine Grau- oder Schwarzfärbung des Pflanzenmaterials oder des Auszugs erkennbar ist.
Weiters sind in der Pflanze ca. 2 % Schleimstoffe enthalten, die reizmildernde Wirkung auf die Schleimhäute zeigen. Vor allem bei Entzündungen der oberen Atemwege wirken die Schleimstoffe des Spitzwegerichs einhüllend, schützen die Schleimhäute und lindern Hustenreiz.
Die Gerbstoffe des Spitzwegerichs, die mit 6,5 % die größte Gruppe an Inhaltsstoffen bilden, haben zusammenziehende und blutstillende Wirkung. Sie können die Wundheilung fördern und angegriffene Schleimhäute stabilisieren und kräftigen.
Die im Spitzwegerich enthaltenen Flavonoide wirken antioxidativ und stimulieren das Immunsystem. Die jungen Blätter sind reich an Vitamin C.
Außerdem enthält der Spitzwegerich viel Kieselsäure und Zink, die das Hautgewebe stärken können und sich positiv auf die Gewebestruktur der Lunge auswirken.
Bei welchen Beschwerden von Pferden und Hunden ist Spitzwegerich wirksam?
Mit ihren reizlindernden, entzündungshemmenden und antibakteriell wirkenden Inhaltsstoffen bringen Zubereitungen aus dem Spitzwegerich rasch Linderung bei trockenem Husten und bei Entzündungen im Maul- und Rachenraum.
Äußerlich angewendet, mildert der Spitzwegerich Juckreiz nach Insektenstichen und verhindert, dass Entzündungen entstehen.
Tipp: Ein frisches Spitzwegerichblatt zwischen den Fingern quetschen, bis der Saft austritt, das Blatt dann auf den Stich legen und kurze Zeit fixieren.
Unerwünschte Wirkungen:
Große Mengen Spitzwegerich können aufgrund der enthaltenen Bitter- und Gerbstoffe zu Magen-Darm-Beschwerden und zu Kotwasser führen.
Quellen
- Brendieck-Worm, C., & Melzig, M. F. (2018). Phytotherapie in der Tiermedizin. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.
- Brendler, Grünewald, & Jaenicke. (08. 11 2018). Apotheken.de. Von Spitzwegerich: https://www.apotheken.de/alternativmedizin/heilpflanzen/8458-spitzwegerich abgerufen
- Forschergruppe Klostermedizin. (2014). Von Spitzwegerich: http://www.klostermedizin.de/index.php/heilpflanzen/arzneipflanze-des-jahres/55-arzneipflanze-des-jahres-2014-spitzwegerich-plantago-lanceolata abgerufen
- Länger, R., & Kubelka, W. (2021). Krause & Pachernegg. Von Phytokodex Spitzwegerichblatt: https://www.kup.at/db/phytokodex/datenblatt/Spitzwegerichblatt.html abgerufen
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